Freitag, 02.08.2019

Digitalisierung der Münchner U-Bahn

● Neue Steuerungstechnik für höhere Leistungsfähigkeit
● Pilotprojekt für Bahnsteigtüren am Olympiazentrum

© SWM/MVG

Zum Pressegespräch mit Ingo Wortmann, Vorsitzender der MVG-Geschäftsführung und SWM Geschäftsführer Mobilität, Arne Petersen, Geschäftsbereichsleiter Verkehrsinfrastruktur, sowie Michael Frieß, Betriebsleiter U-Bahn, am Freitag, 2. August 2019

Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) und die Stadtwerke München (SWM) erneuern und digitalisieren das Leit- und Steuerungssystem der Münchner U-Bahn. Über die nächsten rund zehn Jahre wird ein so genanntes CBTC-System eingeführt. CBTC steht für „Communication Based Train Control“. Diese digitale Leittechnik, die in ähnlicher Form zum Beispiel auf der ICE-Schnellfahrstrecke zwischen Nürnberg und Leipzig/Halle unter dem Namen ETCS im Einsatz ist, löst das bisherige Sicherungssystem (LZB) ab. Ferner bildet CBTC die Grundlage für mögliche Verbesserungen wie den etwaigen Einbau von Bahnsteigtüren zur Absicherung des Gleisraums.

Perspektive für Bahnsteigtüren
Bahnsteigtüren können die Sicherheit in der U-Bahn weiter erhöhen und einen Beitrag zur Stabilisierung des Betriebsablaufs leisten. Sie grenzen den Bahnsteig gegenüber dem Gleisraum ab und öffnen sich nur, wenn ein Zug im Bahnhof steht, um den Fahrgastwechsel zu ermöglichen. Ihr Einbau setzt voraus, dass die U-Bahnzüge sehr genau halten. Denn nur dann ist gewährleistet, dass sich die Bahnsteigtüren – ähnlich wie bei Aufzügen – synchron mit den Türen der haltenden Züge öffnen und schließen können. Das geplante CBTC-System ermöglicht ein exakteres Halten als andere Systeme und ist damit prinzipiell für den Einsatz von Bahnsteigtüren geeignet, wenn Züge mit einheitlichem Türabstand eingesetzt werden. Ebenso übernimmt das CBTC-System die sichere Kommunikation zwischen den Bahnsteigtüren und den Türen der Züge.

MVG-Chef Ingo Wortmann: „Das bestehende Zugsicherungssystem hat keine Zukunft mehr. Wir müssen es schon aus Altersgründen ersetzen. Mit der neuen Leittechnik machen wir die U-Bahn aber auch zuverlässiger und leistungsfähig auch für weiter steigende Fahrgastzahlen. Die damit verbundene Digitalisierung ermöglicht darüber hinaus Bahnsteigtüren. Deren Einbau erwägen wir mittelfristig zumindest an hoch frequentierten Stationen, um die Sicherheit weiter zu erhöhen und den Betrieb noch stabiler abwickeln zu können.“

Test im U3-Bahnhof Olympiazentrum
Zur Erprobung von Bahnsteigtüren wird ein Pilotprojekt im U-Bahnhof Olympiazentrum vorbereitet. Dort soll eine von vier Bahnsteigkanten testweise mit verglasten, fahrzeughohen Türen ausgestattet und das System voraussichtlich ab 2023 unter realen Bedingungen erprobt werden. Der Realisierung vorausgehen müssen noch die erforderliche Planung und Detailabstimmung mit der Technischen Aufsichtsbehörde sowie das Planfeststellungsverfahren. Auf der Grundlage der im Pilotprojekt gewonnenen Erfahrungen soll zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, ob und in welchem Umgang weitere Bahnhöfe mit Bahnsteigtüren ausgerüstet werden.

Nachrüstung von Bahnsteigtüren grundsätzlich machbar
Eine im Auftrag von SWM/MVG durchgeführte Machbarkeitsuntersuchung hat ergeben, dass Bahnsteigtüren in der Münchner U-Bahn grundsätzlich nachgerüstet werden können. Dabei wurden unter anderem technische, bauliche und genehmigungsrechtliche Aspekte betrachtet. Die Ausstattung des kompletten U-Bahnsystems würde viele Jahre dauern und in Kombination mit weiteren Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen in die anstehende Grunderneuerung des Netzes integriert werden. Die möglichen Kosten werden aus heutiger Sicht auf einen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt.

SWM/MVG hatten in den vergangenen Jahren bereits drei andere Systeme zur Gleisraumüberwachung erprobt (Detektion von Fremdkörpern durch Video, Radar und Laser). Sie erwiesen sich aber als nicht geeignet für den Einsatz in der Münchner U-Bahn.

LZB nicht mehr Stand der Technik
Das CBTC-System löst die so genannte Linienzugbeeinflussung (LZB) ab. Bei der LZB handelt es sich im Wesentlichen um parallel zu den Gleisen verlegte Kabel, die Fahraufträge, Höchstgeschwindigkeit und Bremsweg an die Fahrzeuge übermitteln. Dieses System entspricht heute nicht mehr dem Stand der Technik und wird herstellerseitig nicht mehr weiterentwickelt.

Mehr Leistung durch CBTC
Die neue CBTC-Leittechnik bildet künftig die Basis für die erforderliche hohe Leistungsfähigkeit der Münchner U-Bahn. Es handelt sich dabei um eine digitale, IP-basierte Datenkommunikation zwischen Zug und Infrastruktur per Funk. Im Gleisbereich werden nur noch so genannte Balisen benötigt, die im Gleisraum installiert werden (siehe Abbildung, gelb markiert). Die Balisen stellen sicher, dass sich die Züge tatsächlich an der vom CBTC errechneten Position befinden. Die teilweise noch aus den 1970er-Jahren stammenden Relaisstellwerke werden überflüssig und durch moderne Elektronische Stellwerke ersetzt.

Weil das CBTC mit wenig fest installierter Streckentechnik auskommt, sinkt zum einen der Instandhaltungsaufwand im Netz. Zum anderen ermöglicht das neue System grundsätzlich dichtere Zugabstände als heute. Im Regelbetrieb wird künftig mit einem Intervall von 120 Sekunden geplant, der auf CBTC-Basis stabil und zuverlässig gefahren werden kann.

In Kombination mit Bahnsteigtüren ermöglicht das neue System langfristig auch einen vollautomatischen U-Bahnbetrieb. Die U9 soll von Anfang mit der neuen CBTC-Technik betrieben und baulich auf die Ausstattung mit Bahnsteigtüren ausgelegt werden.

Das CBTC-System soll ab 2023 auf einem ersten Streckenabschnitt eingeführt werden. Ein Vollausbau unter laufendem Betrieb wird bis Ende der 20er-Jahre angestrebt. SWM/MVG gehen für CBTC von Investitionskosten in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags aus.

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